Liebe Luise,
Ein Jahr ist es nun her, das dir das Leben von 2 falschen Freundinnen auf so grausame Art genommen wurde. 365 Tage, 8760 Stunden der Fassungslosigkeit, der Verzweiflung und der Trauer. Man bemüht sich, trotz der dauerhaft präsenten Gedanken an dich, deine Eltern und deine Schwester, sich Schritt um Schritt, Tag für Tag in eine gewisse Normalität zurück zu kämpfen, aber man hat das Gefühl, durch einen zähen Brei zu waten, der einem die Beine festhält und es will nicht so recht gelingen. Manchmal denkt man sich: ‚so langsam muss es auch mal gut sein‘, aber es reißt mich dann förmlich zu Boden bei dem Gedanken, dass deine Familie dich nie wieder lachen hören kann, oder in den Arm nehmen kann um dich zu trösten, wenn du mal traurig bist.
Der Verlust von essentiellen Teilen meines Weltbilds wie etwa der Unschuld von Kindern, der Glaube an Gerechtigkeit und Freundschaft und der Verlust des Glaubens an einen guten und gerechten Gott hat eine riesige Narbe auf meiner Seele hinterlassen. Und die Kommentare eines Elternteils bezüglich der ‚geringen Schuld‘ und des ‚reinen Gewissens‘ seiner Tochter zeugen von einem gewaltigen Realitätsverlust und machen mich schlicht fassungslos.
Aber ich hoffe noch. Hoffnung….die kleine aber sehr viel robustere Schwester des Glaubens, an sie klammere ich mich, hoffend dass deine kleine unschuldige Seele in diesem unendlichen Universum nicht verloren geht und irgendwo in einer besseren Welt fortexistiert und wir uns dort alle am Ende der Zeiten treffen werden. Auch hoffend, dass die Menschen es irgendwann lernen, ihre inneren Ungeheuer zu besiegen, damit so etwas niemals wieder passiert. Ohne Hoffnung wäre unsere gesamte Existenz einfach sinnlos.
Um alles diesen verfluchten 11. März betreffend persönlich zu verarbeiten habe ich ein Lied für dich geschrieben und produziert. Es trägt den Titel ‚Little Birdy‘ und ich bin den gestrigen Sonntag in meinem Studio gesessen und habe nochmal am Mix gearbeitet, um mich etwas abzulenken und meine Gedanken gerade in diesen Tagen nochmal etwas zu sortieren und wer weiß …..vielleicht veröffentliche ich es irgendwann… für dich und alle von dieser Tat tief betroffenen Menschen.
Bis dahin gehören, jetzt und in der Zukunft, viele meiner täglichen Gedanken ganz einfach dir, deinen Eltern und deiner Schwester und ich weiß, dass viele Menschen in diesem Land ebenso denken und fühlen wie ich. Liebe Eltern und Schwester: Was ich für Sie empfinde und was ich Ihnen wünsche kann ich einfach nicht in Worte fassen, denn wie soll man sagen, wofür man keine Worte hat. Worte erscheinen mir angesichts dieser Tragödie so bedeutungslos und floskelhaft. Ich wünschte, Sie könnten stattdessen einmal für ein paar Sekunden in mein Herz und meine Seele blicken!
Liebe Luise, was dich angeht, so trage ich dich auf ewig in meinem Herzen, lieber Engel, kleines Vögelchen. Ich werde dich NIEMALS vergessen!
Ruhe in Frieden
